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Mittwoch, 20. Februar 2019

Steingart: Der verbale Gegenschlag folgte wenige Stunden später aus Moskau. Kremlchef Wladimir Putin wurde deutlich: „Russland wird gezwungen sein, Waffen aufzustellen, die gegen die Entscheidungszentren eingesetzt werden können, die hinter den uns bedrohenden Raketen stehen.“ Im Klartext: Die Koordinaten von Washington, New York und den Hauptstädten der NATO-Partner sind in den russischen Computern bereits einprogrammiert.


Gabor Steingart - Das Morning Briefing
21.02.2019
Fotomontage: Trump, Putin und Jinping hinter Atompilz
imago
Guten Morgen Rolf Koch,
das Zeitalter des rhetorischen Wettdrohens ist in eine neue Ära der handfesten Aufrüstung zwischen den USA, Russland und China übergegangen. Nach der Kündigung des INF-Vertrages, der die Stationierung landgestützter atomarer Mittelstreckenraketen untersagte, erklärt US-Präsident Donald Trump nun den Aufbau einer Weltraumarmee, der Space Force, zur neuen Priorität: Die USA sollen die dominante Macht im Weltraum werden, sagte er und beauftragte das Pentagon vor laufenden TV-Kameras mit der Arbeit:
Das Weltall ist ein Sektor der Kriegsführung, genau wie Land, Luft und See.
Experten der CSIS schätzen die Kosten für die Space Force auf jährlich bis zu 21,5 Milliarden US-Dollar – also ungefähr viermal so teuer wie Trumps mexikanisch-amerikanische Mauer. Dafür müsste die Regierung die Steuern erhöhen oder die Notenpresse ankurbeln. Oder beides. Der Dollar ist nunmal Amerikas effektivste Waffe.
Bild von Putin
dpa
Der verbale Gegenschlag folgte wenige Stunden später aus Moskau. Kremlchef Wladimir Putin wurde deutlich: „Russland wird gezwungen sein, Waffen aufzustellen, die gegen die Entscheidungszentren eingesetzt werden können, die hinter den uns bedrohenden Raketen stehen.“ Im Klartext: Die Koordinaten von Washington, New York und den Hauptstädten der NATO-Partner sind in den russischen Computern bereits einprogrammiert.
Grafik: Der Atomare Dreikampf zwischen Russland, USA und China. Anzahl nuklearer Sprengköpfe in den USA 6450, in Russland 6850 und in China 280.
Für das Frühjahr 2019 kündigt Putin außerdem noch den Stapellauf eines Atom-U-Boots an, das mit dem unbemannten Waffensystem „Poseidon“ bestückt sein soll. „Die Arbeit läuft nach Plan“, prahlte Putin. Er hätte auch Shakespeare zitieren können: „Ist dies schon Wahnsinn, so hat es doch Methode.“
Podcast Bild mit Peter R. Neumann, Terrorismus-Experte
Die Friedensdividende, die Ost und West nach dem Zerfall der Sowjetunion genossen hatten, ist damit aufgezehrt. Wir erleben die Rückkehr archaischer Machtpolitik, die davon ausgeht, dass nicht der Klügere, sondern der technologisch Schwächere nachgibt. Trumps Amerika, sagt Prof. Peter R. Neumann, Sicherheitsexperte am Londoner King's College im Morning Briefing Podcast , versuche die Gegner erst arm-, dann totzurüsten:
Das hat er sich abgeschaut bei Ronald Reagan in den Achtzigern.
Trumps Weltraumpläne sind ein Eitelkeitsprojekt.
Bild von militärischem Tarnflieger
imago
Fest steht: Trump erhöhte die Militärausgaben im verabschiedeten Budget 2019 um 13 Prozent auf astronomische 716 Milliarden US-Dollar. Das entspricht neunmal der Wirtschaftskraft eines afrikanischen Staates wie Kenia und 14 Mal dem Bruttosozialprodukt von Libyen.
Grafik: Rüstungsboom in den USA. Größte Hersteller nach Umsatz 2018 in Mrd. US-Dollar. Raytheon 27,1. Northrop Grumman 30,1. General Dynamics 36,2. Lockheed Martin 53,8. Boeing 101,1.
Kein Wunder, dass die Geschäfte der Rüstungskonzerne – wie jene des Kampfjetherstellers Lockheed Martin oder des Drohnen-Produzenten Northrop Grumman – wieder blendend laufen. 2018 summierten sich die Umsatzerlöse der fünf größten US-Waffenschmieden auf rund 250 Milliarden US-Dollar.

„Besser einander beschimpfen als einander beschießen“, hatte Winston Churchill einst gesagt. Bei Trump und Putin bekommt man zunehmend das Gefühl, das eine soll das andere nicht ersetzen, sondern vorbereiten.

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