Chinas langer Arm: Wie Xi Jinping sein Land zur globalen Supermacht hochrüstet
Dschibuti, eine Republik in Ostafrika, knapp halb so groß wie die Schweiz. Dort hat China 2017 seine erste Militärbasis im Ausland eröffnet. Das Land steht stellvertretend für Chinas jüngste außenpolitische Strategie: Peking investiert in das Militär, engagiert sich militärisch vermehrt international und positioniert sich zunehmend auch in sicherheitspolitischen Fragen.
China baut sukzessive seinen Machtbereich aus
Dschibuti ist als aus Sicht von Peking strategisch gut gelegen. Der Staat befindet sich an der sogenannten „Neuen Seidenstraße“ und gilt als Schnittpunkt zwischen Afrika, Asien, Europa und dem Nahen Osten. Mit der „Neuen Seidenstraße“, auch „Belt and Road“-Initiative genannt, will China seine Handelswege nach Afrika und Europa ausbauen, neue Märkte erobern und seinen Machtbereich erweitern. In Dschibuti, am Horn von Afrika, haben auch die USA, Japan, Frankreich, Spanien, Italien und Deutschland Stützpunkte. Von hier aus kann die chinesische Regierung die Anti-Piraterie-Missionen ihrer Marine unterstützen. Zudem eignet sich der Standort, um Friedenssicherungs-Missionen, an denen auch chinesische Blauhelm-Soldaten teilnehmen, und Anti-Terror-Operationen in Nachbarländern zu unterstützen. Von Peking heißt es offiziell, man wolle von Dschibuti aus chinesische Staatsbürger aus Bürgerkriegsgebieten wie dem Jemen herausholen. Ob das der einzige Grund für ein Engagement in dieser Region ist, bleibt fraglich.
„Ein starkes Militär ist aus Sicht der chinesischen Regierung notwendig, um ihr Ziel zu erreichen, bis 2049 eine globale Macht zu werden“, sagte Helena Legarda, Expertin für chinesische Außen-und Sicherheitspolitik am Mercator Institute for China Studies, im Gespräch mit Business Insider. 2015 verkündete Chinas Staatspräsident Xi Jinping eine neue Phase chinesischer Militärdiplomatie. Das Land lieferte zuletzt verstärkt Waffen und militärische Güter ins Ausland und setzt sein Militär für Missionen im Ausland ein. So liefert China etwa seit 2016 Militärfahrzeuge, Munition und Handfeuerwaffen nach Afghanistan. Seit 2017 führt die bewaffnete Volkspolizei gemeinsam mit der afghanischen Armee Anti-Terror-Patrouillen durch. Das berichtete Thomas S. Eder, Chinaexperte vom Mercator Institut for China Studies, kürzlich in der Fachzeitschrift „Internationale Politik“. Der Irak und Nigeria seien Abnehmer chinesischer Drohnen, heißt es. Madagaskar von Patrouillenbooten. Die Elfenbeinküste, Ghana und Liberia erhielten zudem kostenlose Marineausrüstung, um gegen Piraterie vorgehen zu können.
Experte: China strebt nach Weltordnung, die nicht die USA anführen
„China setzt sich auch deshalb so stark für die UN ein, weil es nach einer multipolaren Weltordnung strebt, die nicht von den USA angeführt wird“, sagte Christian Wirth, Experte für Sicherheitspolitik in Ostasien und dem Pazifik vom Giga-Institut Hamburg. China wolle international respektiert und als Groß- und Ordnungsmacht mit bestimmten Privilegien anerkannt werden, so der Experte.
Die USA haben über die ganze Welt verteilt Militärstützpunkte, können so international agieren. Eine Strategie, die auch China bei seinem Großmachtstreben zu verfolgen scheint. Dass Washington diese Entwicklung zunehmend mit Sorge betrachtet, lässt ein Bericht erahnen, den die Defense Intelligence Agency (DIA), der Geheimdienst des Verteidigungsministeriums, vor einigen Wochen veröffentlichte. Er trägt den Titel „China Military Power; modernizing a force to fight and win“ und setzt sich auf nicht weniger als 140 Seiten einzig und allein mit Chinas neuer Militärstrategie auseinander.
China baut Einfluss in Afrika aus
„Chinas großes Ziel ist es, sein Wirtschaftswachstum zu halten, um so die soziale und politische Stabilität im Inland zu erhalten. Außerdem möchte China Anerkennung von der westlichen Welt — vor allem von Seiten der USA“, so China-Experte Würth. Die Ausgaben des Militärs sollten in China parallel zum Wirtschaftswachstum wachsen. China hat mit mehr als zwei Millionen Soldaten das truppenstärkste Militär der Welt, vor den USA, Indien, Nordkorea und Russland. Internationale Stabilität werde von der chinesischen Führung nach wie vor als wichtigste Verfolgung der nationalen Wirtschaftsinteressen angesehen, sagte der Experte. Chinas Fokus liegt zudem auf der Route entlang der „Neuen Seidenstraße“. Um seine Wirtschaft abzusichern, ist China interessiert an festen Handelswegen.
Für die Tatsache, dass China seinen Einfluss in Afrika ausweitet gibt es laut Nigel Inkster, Sicherheitsexperte am International Institute for Strategic Studies, verschiedene Gründe: „Offensichtlich will China Zugang zu Afrikas Bodenschätzen. Das ist das Hauptziel. Aber China will auch in der Lage sein, politische Beziehungen mit afrikanischen Ländern zu knüpfen, damit sie in der UN für China stimmen.“ Zudem wolle das Land westlichen Einfluss in Afrika bekämpfen. China hat ein Vetorecht im UN-Sicherheitsrat. Kann das Land andere Länder davon überzeugen, für seine Interessen zu stimmen, kann China seinen Einfluss in der UN vergrößern.
Asien soll unter chinesischem Einfluss stehen
„Je näher ein Standort an China ist, desto wichtiger ist er“, sagte Inkster. Die Kommunistische Partei Chinas wolle ihre Macht sichern. Peking wolle, dass die Marine der UN aus dem Westpazifik verschwinde. „China möchte, dass Asien ein Bereich wird, der unter chinesischem Einfluss steht“, sagte Inkster.
Besonders im Süd- und Ostchinesischen Meer versucht China, seinen Einfluss weiter auszubauen. Im Südchinesischen Meer kommt es immer wieder zu Konflikten zwischen den USA und China. Derzeit zeigt Peking Interesse an einem ehemaligen US-Marinestützpunkt, einer philippinischen Werft in Subic Bay.
China schult sein Militär bei Übungen mit anderen Ländern
China steht bei seinen militärischen Plänen vor einer Herausforderung: Zwar verfügt das Land über Waffensysteme wie Flugzeugträger-Kampfgruppen und Atom-U-Boote, doch die Armee hat so gut wie keine Kampferfahrung. Der letzte bewaffnete Konflikt Chinas fand 1979 gegen Vietnam statt und dauerte knapp einen Monat. Seitdem hat China vor allem Kriege und Konflikte analysiert. „Im Rahmen von UN-Einsätzen können die chinesischen Streitkräfte Auslandserfahrungen sammeln, ohne Ängste bei anderen Staaten zu schüren oder Konflikte zu provozieren“, sagte Wirth. Bei dieser Art von Einsätzen gehe es China zudem darum, sein Image aufzubessern.
Mit Russland hat China zuletzt einen alten, neuen Verbündeten gefunden. Zumindest erhielt die Weltöffentlichkeit diesen Eindruck, als Chinas Militär Ende vergangenen Jahres am größten Militärmanöver der russischen Geschichte seit Ende des Kalten Krieges teilnahm, der Übung „Wostok-2018“. Im Mai vergangen Jahres meldete die russische Nachrichtenagentur Tass, Russland und China wollten militärisch enger kooperieren. „Beide, Russland und China, denken, dass sie große Mächte sind und deswegen anders als kleine Länder behandelt werden sollten“, sagte Inkster. Doch während Russland seine Sicherheit darin sehe, dass alle anderen unsicher seien, sei China nicht an einer unsicheren und instabilen Welt interessiert. „China will eine stabile Welt, aber zu seinen Bedingungen“, sagte der Experte.
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Helena Legarda glaubt nicht, dass China Interesse daran hat, in internationale Kriege und Konflikte zu geraten. Sie sagt aber auch: „Das chinesische Militär, vor allem die Marine, wird künftig häufiger im Ausland unterwegs sein.“ Die Einsätze hätten vor allem einen diplomatischen Hintergrund. So könne China seinen Einfluss ausbauen und seine Interessen stärker vertreten. China wolle sein internationales Ansehen vergrößern. „Wir werden daher vermehrt Hafenbesuche und Truppenübungen mit anderen Ländern sehen“, sagt Legarda voraus
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